Infos für Eltern

Viele Eltern, deren Kind die linke Hand bevorzugt, sind unsicher und fragen sich, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. Hier erfahren Sie, worauf bei linkshändigen Kindern zu achten ist.

Dr. Johanna Barbara Sattler, die Leiterin der Beratungsstelle für Linkshänder und umgeschulte Linkshänder in München hat aus langjähriger Erfahrung heraus Richtlinien für den erzieherischen Umgang mit linkshändigen Kindern erarbeitet. Detaillierte Informationen finden Sie auf ihrer Homepage Beratungsstelle München

1. So lange die angeborene Händigkeit des Kindes nicht klar erkennbar ist, legen Sie Gebrauchsgegenstände immer mittig vor das Kind, und beobachten Sie, mit welcher Hand es zugreift. Geben Sie ihm nichts von vorne herein in die rechte Hand!
2. Manche Kinder legen sich erst im Alter von 4 Jahren fest, viele aber lassen schon im 2. Lebensjahr deutlich ihre angeborene Vorzugshand erkennen. Seien Sie dann skeptisch gegenüber Behauptungen, Linkshändigkeit verschwinde oft noch bis zum Schulalter! Dies geschieht zwar tatsächlich häufig unter dem erzieherischen Einfluss der Rechtshänderzivilisation, führt dann aber in der Schule zum
   Schreiben mit der falschen Hand, was die mentale und seelische Gesundheit belastet. Schützen Sie rechtzeitig die linkshändige Identität Ihres Kindes!
3. Achten Sie auf diskriminierende Ausdrücke wie "linker Typ", "linken", "linkisch" und "schöne Hand", die von linkshändigen Kindern falsch gedeutet werden könnten!
4. Solange ein Kind links und rechts noch gar nicht unterscheiden kann, ist es besser, vor dem Kind nicht über Händigkeit zu sprechen. Sobald das Kind aber zu beobachten beginnt, mit welcher Hand andere Menschen agieren, sollte das Thema in geeigneter Weise angesprochen werden. Geben Sie ihrem Kind das Gefühl, dass Linkshändigkeit genauso erwünscht ist wie Rechtshändigkeit! Oft vermeiden PädagogInnen das Ansprechen unter dem Vorwand, Kinder nicht beeinflussen zu wollen! In Wahrheit kann das linkshändige Kind dies als Ignorieren seiner Eigenart empfinden und daraus den Schluss ziehen, es sei besser, sich anzupassen.
5. Kleine Kinder dürfen mit der linken Hand grüßen! Sie werden durch Beobachtung ihrer Umwelt von selbst erkennen, dass rechtshändiges Grüßen die Norm darstellt. Linkshändige Kinder dürfen das ungerecht finden!
6. Linkshändige Kinder essen mit dem Löffel in der linken Hand. Für die gleichzeitige Benutzung von Messer und Gabel gibt es keine händigkeitsspezifischen Richtlinien, die übliche Etikette ist LinkshänderInnen zumutbar! Allerdings müssten Messer mit Wellenschliff für die linke Hand anders geschliffen sein als für die rechte.
7. Sorgen Sie nach Möglichkeit für eine geeignete Wohnumwelt! Studien haben gezeigt, dass linkshändige Kinder ein erhöhtes Unfallrisiko tragen!
   • Wasserhähne mit 2 Ventilen bestrafen kleine Kinder für den Gebrauch der linken Hand durch Verbrennen der Finger. Montieren Sie Mischbatterien!
   • Die Taste am Toilettenspülkasten sollte in der Mitte angebracht und Toilettenpapier mit beiden Händen erreichbar sein.
   • Sorgen Sie dafür, dass Schranktüren und Fenster sich teilweise mit der rechten und teilweise mit der linken Hand vorzugsweise öffnen lassen.
   • Bringen Sie Haltegriffe immer für beide Hände erreichbar an!
   • Die Küchenabwasch sollte Abtropfflächen auf beiden Seiten haben.
   • Stellen Sie den Familien - Computer so auf, dass links und rechts Platz für eine Mouse ist. Eine Mouse lässt sich ganz einfach für linkshändigen Gebrauch umprogrammieren. Im
     Fachhandel gibt es auch einen separaten Nummernblock mit Entertaste, der sich links an das Keyboard anfügen lässt.
   • Linkshändige Schulkinder brauchen einen Arbeitsplatz mit Lichteinfall von rechts!
   • Am Esstisch und am Schreibtisch soll das linkshändige Kind links von sich keinen rechtshändigen Nachbarn haben.
8. Folgende Gegenstände sollten zentriert gestaltet sein:
   • Gutes Spielzeug ist zentriert und somit sowohl für RechtshänderInnen wie LinkshänderInnen geeignet. Vermeiden Sie Billigspielzeug wie Cowboygürtel mit dem Colt rechts, Sandkasten - Gefäße mit seitlichem Ausguß, Fahrzeuge mit Bedienelementen nur auf einer Seite etc.
   • Trinktassen für Kinder brauchen auf beiden Seiten die gleiche Bemalung.
   • Kaufen Sie Kartoffelschäler, Soßenlöffel und Schnabelgefäße, die mit beiden Händen benutzbar sind!
   • Zeichnungen auf Kinderzahnbürsten sollen nicht auf dem Kopf stehen, sobald man die linke Hand benutzt, ebenso wenig solche auf Zeichen- und Schreibstiften.
   • Kleidungsstücke brauchen Taschen auf beiden Seiten.
9. Linkshändige Kinder benötigen folgende Gegenstände als händigkeitsgerechte Varianten:
   • Schere
   • Bleistiftspitzer
   • Füllfeder
   • Taschenmesser
   • Geschliffenes Brotmesser
   • Dosenöffner
   • Korkenzieher
   • Musikinstrumente: z.B. Gitarre, Violine
   • manche Sportgeräte: z.B. Bumerang, Sportbogen
   • Montieren Sie Bremsgriff und Klingel links am Fahrrad des linkshändigen Kindes!
   • individuell können noch andere Gegenstände von Interesse sein, die im
     Internet - Versandhandel angeboten werden.
10. Linkshändige Kinder führen Bewegungsabläufe beim Tanzen und beim Sport oft spiegelverkehrt zu den RechtshänderInnen aus. Sie haben ein Recht, das zu tun. Wird es ihnen verwehrt, verlieren sie oft die Freude an der Tätigkeit.
11. Kinder lernen am Effektivsten von Vorbildern. Sprechen Sie das Thema Händigkeit bei Verwandten, Bekannten und Freunden an! Sie werden staunen, wie viele Menschen LinkshänderInnen sind, ohne je darüber zu sprechen. Vor allem das Binden von Schleifen sowie das Stricken und Häkeln sollten dem Kind seitenverkehrt vorgezeigt werden!
12. Wählen Sie einen Kindergarten, der möglichst alle bisher genannten Anforderungen erfüllt. Überzeugen Sie sich von einer entsprechenden Kompetenz der KindergärtnerInnen. Linkshänderscheren und Linkshänderspitzer müssen in ausreichender Zahl vorhanden sein! Die Mehrheit rechtshändiger Kinder kann einen starken Gruppendruck auf Ihr Kind ausüben. Der Wunsch dazuzugehören kann es dazu veranlassen, sich allmählich anzupassen! Das tun vor allem sensible, aber auch intelligente ehrgeizige Kinder. Glauben Sie deswegen nicht, Ihr Kind sei nun doch rechtshändig veranlagt! Stärken Sie ihm den Rücken, und sorgen Sie dafür, dass es selbstbewusst zu seiner Anlage stehen kann!
13. Sollte Ihr Kind trotz aller erzieherischen Sorgfalt im Alter von über 4 Jahren noch immer bei ein- und derselben Tätigkeit die Hand wechseln, so bitten Sie Ihren Kinderarzt um eine Überweisung zur Testung durch einen Ergotherapeuten/eine Ergotherapeutin! Es könnte sich um das Symptom einer leichten Gehirnfunktionsstörung oder einer motorischen Entwicklungsverzögerung handeln. In einem solchen Fall ist es gut, noch vor der Schule entsprechende Fördermaßnahmen zu ergreifen und mit einem Händigkeitstest zu klären, mit welcher Hand das Kind schreiben soll.
14. Manche linkshändigen Kinder bauen ihre Zeichnungen von rechts nach links auf (Beispiele dafür finden Sie unter Ausstellung) und schreiben mit Vorliebe Spiegelschrift. Dies sollte nicht als Anzeichen für Legasthenie missdeutet werden. Normal begabte Kinder gewöhnen sich in der Schule an die vorgegebene Schreibrichtung! Wirkliche Legasthenie kommt bei links- und rechtshändigen Kindern in gleichem Maße vor!
15. Im Jahr vor der Einschulung ist es günstig, eine Schreibvorbereitung zu absolvieren, bei der das linkshändige Kind eine sinnvolle Handhaltung automatisiert, um nicht später seine Schrift zu verwischen.
16. Sollten Sie bei Ihrem Schulanfänger/Ihrer Schulanfängerin trotz guter Intelligenz Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, viele Flüchtigkeitsfehler, eine schlechte Schrift, Ungeschicklichkeit, einen gestörten Sprachfluss oder einfach Widerstand gegen seine Aufgaben beobachten, und sollte es dafür keine anderen erkennbaren Gründe geben, so denken Sie daran, dass auch das Schreiben mit der falschen Hand zu solchen Symptomen führen kann! (Siehe Umschulung!) Ein Händigkeitstest kann Ihnen Klarheit bringen. In den ersten beiden Schuljahren ist dann eine Rückschulung auf die dominante Hand noch sinnvoll. Achtung: Vereinzelt kommt auch Umschulung auf die linke Hand vor. Mögliche Gründe dafür sind Idealisierung der Linkshändigkeit durch Bezugspersonen oder langwierige Verletzungen der rechten Hand des Kindes. Auch Kinder mit pathologischem Handwechsel können geborene RechtshänderInnen sein!
17. Linkshändigkeit ist eine ganz normale Variante der Gehirndominanz. Geben Sie dem Kind niemals das Gefühl, seine Eigenart sei ein Problem! Schenken sie ihm auch nicht mehr Aufmerksamkeit als rechtshändigen Kindern, und vertreten Sie seine Anliegen nicht allzu fanatisch!
18. Wenn Sie noch Genaueres interessiert, lesen Sie die Bücher von Johanna Barbara Sattler:
    "Linkshändige Kinder im Krippen- und Kindergartenalter"
    "Das linkshändige Kind in der Grundschule"
    "Übungen für Linkshänder - schreiben und hantieren mit links"
    "Der umgeschulte Linkshänder oder der Knoten im Gehirn"
19. Wo es die wichtigsten Schulsachen für Linkshänder zu kaufen gibt, lesen Sie unter Fachhandel
    

     

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