Linkshänder-Initiative

Linkshändigkeit und Musikinstrumentenspiel

 


Die Hände des Musikers

Musizieren gehört zu den komplexesten Leistungen der menschlichen Motorik. Der antike Begriff „Musiké“ bezeichnet die von den neun Musen inspirierte Einheit von Wort, Melos, Instrumentalspiel und Tanz, die vollkommenste Integration von Körper, Seele und Geist. Im Akt des Musizierens reicht der Mensch nach antiker Auffassung an die Gottheit heran, sie ist das Höchste, wozu sein Geist Zugang hat. Das Spiel auf Musikinstrumenten demonstriert in eindrucksvoller Weise das Phänomen und auch den Sinn des motorischen Gehirndominanzmusters beim Menschen. So symmetrisch der menschliche Körper äußerlich auch gebaut scheint, so sehr verbirgt sich dahinter dennoch eine klare Hierarchie der Seiten. Im Sinne einer höchstmöglichen Komplexität seiner Leistungen erweist das Gehirn sich hier als außerordentlich ökonomisch, indem es die umfangreichen, zunächst nicht spezialisierten motorischen Möglichkeiten der symmetrisch angeordneten menschlichen Hände auf der einen Seite für Steuerfunktionen und auf der anderen für Strukturfunktionen nützt. Diese Tatsache spiegelt sich im Bauplan der Musikinstrumente wider. Nur wenige Instrumente sind völlig symmetrisch gebaut. Fast nie kommt beiden Händen die exakt gleiche Aufgabe zu! Die Tätigkeiten unterscheiden sich klar, um einander dann aber in idealer Weise zu ergänzen. Nicht so sehr musikalisch – akustische Gegebenheiten erzwingen eine unsymmetrische Handverteilung schon bei einfacheren, zum Teil gar nicht händigkeitsspezifischen Instrumenten (z.B. Trommel), das evolutionär optimierte Gehirn tut es!
Das Ideal eines in gleicher Weise für Links- wie für RechtshänderInnen spielbaren Musikinstrumentes muss daher, sofern es sich nicht um ein umrüstbares Modell handelt, kritisch hinterfragt werden! Andererseits führt das unsymmetrische Instrumentenspiel in vielen Fällen nach mehreren Jahren zu Haltungsschäden (z.B.Violine, Querflöte), und es ist nicht auszuschließen, dass in der Auseinandersetzung mit den Anliegen der LinkshänderInnen noch ergonomisch günstigere Lösungen sowohl für Rechts- wie auch für LinkshänderInnen gefunden werden! In den meisten Fällen wird eine spiegelverkehrte Ausführung für LinkshänderInnen nötig sein!
Dass die Evolution bis heute beide Möglichkeiten in gleicher Weise zulässt, sollte von uns als Auftrag verstanden werden, uns über ein optimierteres Zusammenwirken von Rechts- und LinkshänderInnen auf eine wahrhaft „harmonischere“ Gesellschaftsordnung hin zu bewegen. Johanna Barbara Sattler („Der umgeschulte Linkshänder oder der Knoten im Gehirn“ Auer Verlag, Donauwörth 2000) drückt ihre diesbezügliche Vision aus in dem Bild von den beiden Soldaten, die gerade deshalb, weil einer Rechts- und einer Linksfüßer ist, gemeinsam den Weg durch die Wüste finden, während sowohl Rechtsfüßer als auch Linksfüßer ohne Korrektur durch ihre jeweiligen Spiegelbilder orientierungslos im Kreis gehen würden.

link top



Linkshändigkeit in der Musikgeschichte

Händigkeit war im Bereich des Musizierens bis vor wenigen Jahrzehnten zumindest in Europa kein Thema. Rechtshändigkeit war die völlig unreflektierte Norm. Das Streichen der Geige mit der linken Hand wurde im Mittelalter gar als teuflisch diffamiert. Allerdings gibt es Anhaltspunkte dafür, dass noch zu Beginn der Renaissance und bis ins Barock hinein, als die Bauweise der Instrumente noch nicht standardisiert war, zum Teil seitenverkehrte Instrumente in Verwendung waren. So kennt man Abbildungen von Blockflöten mit Kleinfingerlöchern auf beiden Seiten, von denen der Spieler eines mit Wachs verschließen musste. Abbildungen zeigen auch Spieler anderer Instrumente (Querflöte, Oboe, Fagott) , welche ihr Instrument links halten. (Johanna Barbara Sattler: "Das linkshändige Kind in der Grundschule" Auer Verlag Donauwörth 2003; Angelika Sophie Sedlic: "Musizieren mit links" Diplomarbeit Wien 2005) Wie weit dies allerdings als Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse von LinkshänderInnen zu deuten ist, ist fraglich. Eher spricht daraus, dass eine eindeutige Handverteilung bei den Flöten aus der Rechtshändigkeit nicht ableitbar ist. Streich- und Zupfinstrumente wurden damals jedenfalls bereits so gut wie ausschließlich für RechtshänderInnen gebaut. Spätestens Mitte des 18. Jahrhunderts erforderte vor allem die Orchesterdisziplin eine rechtshändig genormte Spielweise. Dass man auch unter diesen erschwerten Bedingungen als linkshändiger Künstler etwas erreichen kann, dient Gegnern der Linkshänderbewegung gerne als Ausrede. LinkshänderInnen würden offensichtlich mit der rechtshändig genormten Umwelt ohnehin gut zurecht kommen. Man vermutet hinter Linkshändigkeit auch gerne grundsätzlich eine latente Genialität. Solche Behauptungen kompensieren gewissermaßen die traditionelle Neigung, LinkshänderInnen als abnormal, ungeschickt und geistig-seelisch labil hinzustellen. Beides wird den im Durchschnitt normal intelligenten und normal begabten LinkshänderInnen nicht gerecht. Durchschnittliche linkshändige MusikerInnen sind seit der Zeit konsequenter Rechtsnormierung klar im Nachteil! Vieles deutet darauf hin, dass sich Probleme für LinkshänderInnen vornehmlich am Beginn des Lernens und dann wieder im Stadium größerer Virtuosität ergeben, während bei mittlerer Anforderung die Nachteile ausreichend kompensiert werden können. Wenn also linkshändige AmateurmusikerInnen sowie MusikerInnen im Popularmusikbereich betonen, ihre Linkshändigkeit mache ihnen keinerlei Schwierigkeiten, so sollte das nicht als Argument für eine Bagatellisierung des Problems dienen.
Im Bereich der Volksmusik konnte sich linkshändiges Spielen teilweise lange halten, beispielsweise in der irischen fiddle – music. Auch die keltische Harfe kann sowohl an die rechte wie an die linke Schulter gelehnt werden. Herr Ulrich Morgenstern schreibt in einem Kommentar zu dieser Seite: "Mir scheint, daß in traditionellen Musikkulturen - wie der russischen, zu der ich arbeite - weit mehr Toleranz und Flexibilität herrscht, als dies bei uns bis vor kurzem der Fall war. Der Gründer des `Großrussischen Orchesters` hatte zunächst Schwierigkeiten, die Stimmung der Bauernbalalaika zu verstehen, da sein Gewährsmann als Linkshänder die Saiten anders herum aufgezogen hatte, was offensichtlich niemanden gestört hat. Der Petersburger Musikethnologe Jurij Bojko berichtete mir von einem Harmonikaspieler, der sein Instrument kurzerhand umdrehte - und so die Diskanttasten auf der linken Seite hatte."
Die Rockmusik der 60er Jahre initiierte schließlich eine weitgehende Liberalisierung zunächst bei E – Gitarre und E – Bass sowie beim Schlagzeug. Mittlerweile wird auch schon mit linkshändergerechten Keyboards experimentiert. Ausgehend von diesen Anregungen wurde Linkshändigkeit unter Musikern nach und nach ein Thema, zuletzt auch schon ansatzweise im sehr restriktiven Genre der Klassischen Musik: Angelika Sophie Sedlic hat im Mai 2005 an der Universität für Musik in Wien eine Diplomarbeit über Linkshändigkeit und Musik geschrieben, welche die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema zusammenfasst. Am 24. September 2005 fand an der Landesmusikakademie Hamburg das 1. Deutsche Symposium Linkshändigkeit und Musik statt. Der Leiter der Akademie, Winfried Stegmann, schreibt in seinem Kommentar zur Veranstaltung unter anderem: "In einer Zeit, in der die individuelle Förderung und Entwicklung der Kinder zu Recht immer mehr an Bedeutung gewinnt und auch die Instrumentalpädagogik immer feiner und differenzierter wird, gehört die Frage einer händigkeitsgerechten Entwicklung in jedes pädagogische Curriculum. Gerade in der Musik, wo es um Kreativität und persönlichen Ausdruck, aber auch um komplexe motorische Abläufe geht, verdient ein so wichtiger Aspekt der Persönlichkeit besondere Beachtung." ReferentInnen waren Johanna Barbara Sattler, Walter Mengler, Geza Loso, Solveig Fiederling und Thomas Stölzl. Left Hand Corner
Mittlerweile existieren Linkshänderviolinen und –celli sowie sogar ein Linkshänderklavier! Dennoch handelt es sich dabei vorerst um sehr bescheidene Anfänge, auf die Bedürfnisse von LinkshänderInnen einzugehen. Dabei könnten Linkshänderinstrumente auch RechtshänderInnen zugute kommen. Es gibt Pädagogen und Ärzte, die das "ungeschickte" Spiel auf Gegeninstrumenten empfehlen, z.B. bei physiologischen Haltungsschäden von Geigern oder Flötisten. 2010 schließlich erschien das erste Standardwerk für InstrumentalpädagogInnen: Walter Mengler link "Musizieren mit links" (165 Seiten) Verlag Schott (ISBN 978-3-7957-8745-5), in dem bereits Erfahrungen im Unterrichten seitenverkehrt spielender SchülerInnen, vor allem StreicherInnen in Deutschland verarbeitet sind!

 

link top



Umschulung der angeborenen Händigkeit beim Instrumentenspiel

Generell sollte in der Instrumentalpädagogik die Frage gestellt werden, wie weit eine Umschulung beim Musikinstrumentenspiel Umschulungsfolgen nach sich ziehen kann, die jenen beim Schreiben mit der nicht dominanten Hand vergleichbar sind. Wohl sind bei den meisten Musikinstrumenten beide Hände aktiv, sodass die Tätigkeit der dominanten Hand von LinkshänderInnen nicht unterdrückt werden muss, doch gibt es auch Instrumente, bei welchen nur eine Hand anspruchsvollere Tätigkeiten ausführen muss. (z.B. Trompete, Posaune) In Folge der Komplexität musikalischen Tuns ist hier somit die Möglichkeit einer zerebralen Irritation naheliegend, welche jener bei der Umschulung zum Schreiben durchaus vergleichbar ist. Univ. Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller bemerkte in einem Vortrag anlässlich der 23. Musikschulwochen in Koblenz im April 2000: „Musizieren gehört zu den schwierigsten menschlichen Leistungen. Gehörsinn, Motorik, Körperwahrnehmung und Hirnzentren, welche Emotionen verarbeiten, werden gleichzeitig beansprucht. Und dabei ist eine wahre Herkulesarbeit zu leisten. Allein für die Verarbeitung der beim Musik Hören entstehenden Eindrücke benötigen wir ungefähr 100 Milliarden Nervenzellen. Um das Gehör als strengen Richter zufrieden zu stellen, muss die Sensomotorik beim Musizieren Höchstleistungen an räumlich-zeitlicher Präzision in der Größenordnung von Millimetern und Millisekunden erbringen. Durch zähes Üben werden über Jahre überaus komplizierte feinmotorische Steuerprogramme erstellt, die dann genau im richtigen Moment abgerufen werden.........Kein Wunder, dass in Darstellungen der elektrischen Hirnaktivität beim Klavierspielen das Großhirn förmlich zu brennen scheint.“ Dazu kommt meist noch die Anforderung an die Koordination mit anderen Musikern, welche teils abweichende melodische und rhythmische Gestalten zu realisieren haben.
Die Gefahr von Umschulungsfolgen wird beim Musizieren gegenüber dem Schreiben eventuell dadurch gemildert, dass Instrumentenspiel nicht jedem Kind abverlangt wird, und dass mit stärkerer Unlust vieler linkshändiger Kinder gerechnet werden kann, sodass sie von sich aus den Unterricht wieder abbrechen, bevor irreversible Beeinträchtigungen entstanden sind. Dies ist allerdings angesichts der Begabungsstruktur von Linkshändern (siehe unten) keineswegs wünschenswert, und wohl so manches Talent hat auf diese Weise schon sich nicht voll entfalten können! Es führt im Sinne der Chancengleichheit daher kein Weg herum um Anstrengungen, den Bau seitenverkehrter Instrumente salonfähig zu machen und uns an ihren Anblick zu gewöhnen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass LinkshänderInnen in manchen musikalischen Teilleistungen RechtshänderInnen durchschnittlich sogar überlegen sind! Dies hängt mit der Musikverarbeitung im Gehirn zusammen.

link top



Musikverarbeitung im Gehirn

Das lateralisierte Gehirn verarbeitet musikalische Reize vornehmlich im rechten Temporallappen. Die Faserverbindungen von den Ohren zu den Hörarealen der rechten und der linken Gehirnhemisphäre sind teilweise gekreuzt. Die neuronalen Verbindungen eines Ohres zur gegenüberliegenden (kontralateralen) Hemisphäre sind stärker als jene zur Hemisphäre auf derselben (ipslateralen) Seite. Stehen ipslateral und kontralateral einlaufende Informationen in Konkurrenz, so nimmt man an, dass der stärkere kontralaterale Informationsfluss die ipslateralen Informationen hemmt. Bei Tests zur Überlegenheit eines Ohres zeigte sich, dass über das linke Ohr Wahrnehmungen wie Melodien, Akkorde und Klangfarben besser verarbeitet werden können als über das rechte. Auch der Emotionsgehalt der Lautgebung und die vom sprachlichen Inhalt zu unterscheidende Prosodie (Sprachmelodie) werden über das linke Ohr besser erfasst. Bei der Verarbeitung einfacher Rhythmen zeigt sich keine Überlegenheit eines Ohres, die Wahrnehmung schwieriger Rhythmen allerdings wird über das rechte Ohr besser verarbeitet. ( Bryan Kolb /Ian Q. Whishaw: „Neuropsychologie“ Spektrum Verlag 1996) Der Leistungsunterschied bei der Wahrnehmungsverarbeitung von linkem und rechtem Ohr ist bei RechtshänderInnen kleiner als bei LinkshänderInnen und bei professionellen MusikerInnen kleiner als bei musikalischen Laien.
Was allerdings Rückschlüsse aus diesen Gegebenheiten auf die Begabungsstruktur von LinkshänderInnen betrifft, so muss darauf hingewiesen werden, dass die Ohrendominanz eines Menschen bislang nicht zuverlässig messbar und der Zusammenhang mit der Händigkeit nicht eindeutig geklärt ist.
Angelika Sophie Sedlic fasst in ihrer Diplomarbeit "Musizieren mit links" (Wien 2005) weitere wichtige Forschungsergebnisse zum Thema zusammen:
Interessanterweise konnte anlässlich der Dokumentation von Gehirnschädigungen eine viel größere Bandbreite von an der musikalische Informationsverarbeitung beteiligten Gehirnregionen nachgewiesen werden als dies bei der Sprachverarbeitung der Fall ist! Oliver Sacks widmet sein Buch "Der einarmige Pianist" der Entdeckung, dass es kaum eine Gehirnregion gibt, in der Musik nicht repräsentiert ist, und kaum eine Gehirnfunktion, die über Musik nicht beeinflusst werden könnte.
Bei MusikerInnen sind die Hörregionen sowie die für die Hände zuständigen senso-motorischen Regionen erwiesenermaßen erweitert. Während bei musikalischen Laien vor allem Teile der rechten Stirnlappen und der rechten oberen Schläfenwindung arbeiten, sind bei BerufsmusikerInnen Teile der linken Hemisphäre verstärkt aktiv. Das bedeutet, dass BerufsmusikerInnen einen Teil ihrer Gehirnarbeit beim Verarbeiten von Tönen von der rechten in die linke Hemisphäre verlegen. Vermutlich trägt die Beschäftigung mit der Notenschrift wesentlich dazu bei, dass "analoge" Abläufe in die "digitalen" Einzelinformationen der Notenzeichen transformiert werden müssen.
Ungefähr 5% der klassisch geschulten BerufsmusikerInnen besitzen ein absolutes Gehör. Solche MusikerInnen weisen eine größere obere Schläfenlappenwindung in der linken Gehirinhälfte auf, einer Region, die eigentlich der Sprachverarbeitung dient! Die Ausbildung eines absoluten Gehörs setzt eine musikalische Unterweisung noch vor dem 7. Lebensjahr voraus.
Bei professionellen MusikerInnen ist das Corpus callosum, die Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften, vergrößert. Durch jahrelanges Üben am Instrument vergrößert sich auch das Kleinhirn.

Musikalische Begabung von LinkshänderInnen

Was die musikalische Begabung von LinkshänderInnen betrifft, so zeigt sich bei differenzierten Untersuchungen, dass bei männlichen Chorsängern der Linkshänderanteil gegenüber dem der Normalbevölkerung deutlich erhöht ist, etwas weniger erhöht ist er bei Chorsängerinnen. Bei Instrumentalisten beider Geschlechter ist der Anteil gegenüber der Normalbevölkerung nur geringfügig erhöht, in einer anderen Studie sogar etwas geringer. Der Unterschied zwischen SängerInnen und InstrumentalistInnen ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die Bauweise der Instrumente LinkshänderInnen den Zugang zum Instrumentenspiel erschwert. Bei KomponistInnen entspricht der LinkshänderInnenanteil jenem der Normalbevölkerung. Die Untersuchungen weisen auch so genannte "Mischhänder" aus! Was man sich unter dieser Gruppe vorzustellen hat, bleibt im Detail unklar. Vermutlich umfasst diese Gruppe unter anderem die zum Schreiben umgeschulten LinkshänderInnen. Der Anteil an eindeutigen RechtshänderInnen ist bei allen Musikergruppen niedriger als jener der Normalbevölkerung. Der hohe Linkshänderanteil unter Sängern deutet auf eine starke musikalische Ausdrucksfähigkeit linkshändiger Musiker hin. Als ein Beispiel für die enorme Ausdrucksfähigkeit einer linkshändigen Musikerpersönlichkeit kann Jimi Hendrix gelten. Bei seinem linkshändigen Gitarrenspiel zeichnete er sich nicht nur durch eine nie mehr erreichte technische Perfektion aus, er war auch in der Lage, mit einem einzigen, sehr nuanciert gestalteten Gitarrenton einen ganzen Saal in eine magische Atmosphäre zu tauchen
(link Charles Shaar Murray: "Jimi Hendrix - Sein Leben, seine Musik, sein Vermächtnis )

Wie weit LinkshänderInnen in Folge der rechtshändergerechten Bauweise von Instrumenten ihre musikalischen Fähigkeiten nur eingeschränkt entfalten können, soll im Folgenden anhand der verschiedenen Instrumentengruppen ansatzweise untersucht werden. Generell ist anzumerken, dass die Repetitionsgeschwindigkeit der nicht dominanten Hand etwa 10% niedriger ist als die der dominanten Hand, und dass die nicht dominante Hand auch durch Training nicht an die Fähigkeiten der dominanten Hand herangeführt werden kann! Das bedeutet, dass LinkshänderInnen mit ihrer rechten Hand schneller an technische Grenzen stoßen als RechtshänderInnen, während die linke Hand in vielen Fällen unterfordert bleibt.

Sehr detaillierte Erfahrungsberichte zu diesem Thema finden sich in dem Buch von Walter Mengler
link Musizieren mit links

link top



Zupfinstrumente


Im Bereich der zunächst nur in der Rockmusik verwendeten E – Gitarre gab es von Anfang an linkshändige Spieler, allen voran Jimi Hendrix, den "größten E -Gitarrenvirtuosen aller Zeiten", aber auch beispielsweise Paul McCartney und Kurt Cobain. Ausgehend von diesem liberalen Umgang im Bereich der Popularmusik herrscht mittlerweile auch bei klassischen GitarristInnen mehr Toleranz. Die Zeitschrift Left Hand Corner veröffentlicht online eine Umfrage unter GitarrenlehrerInnen aus dem Jahr 2000 linkUmfrage Gitarrenlehrer: 5,5 % der SchülerInnen werden linkshändig unterrichtet. Der Großteil der LehrerInnen ist linkshändigen SchülerInnen gegenüber offen und bereit, sie entsprechend zu unterrichten.
Die Frage, warum ein händigkeitsgerechtes Gitarrenmodell nötig ist, ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn die nicht dominante Hand muss bei GitarristInnen sehr anspruchsvolle Aufgaben wahrnehmen, nämlich das schließlich große Geläufigkeit erfordernde Abgreifen der Saiten, sowie das Benden des Tones (Dehnen der Saite) bzw. das Erzeugen eines Vibratos (Vibrieren des Fingers auf der gegriffenen Saite zur Erzeugung eines warmen Klanges) Dazu kommt noch die Möglichkeit des „Hammer On“ (Saite wird durch Aufschlagen des greifenden Fingers zum Klingen gebracht) sowie des „Pull Off“ (Zupfen der gegriffenen Saite), welches beispielsweise Jimi Hendrix ermöglichte, im Rahmen seiner Bühnenshow auch einhändig mit der nicht dominanten Hand, in diesem Fall seiner rechten, zu spielen. Entscheidend für den historisch bei allen Saiteninstrumenten gleichen Handgebrauch, der sich zweifellos an RechtshänderInnen orientiert, dürfte die Tatsache sein, dass die dominante Hand den Ton erzeugt, ihn hörbar macht, ihn formt und seinen Klangcharakter weitgehend bestimmt. (Steuerfunktion) Die Tätigkeit der nicht dominanten Hand allein wird nur beim Aufschlagen (Hammer On) und Abziehen (Pull Off) hörbar. Die nicht dominante Hand arbeitet also der dominanten zu und nicht umgekehrt (Strukturfunktion).
Linkshändergitarren unterscheiden sich von Rechtshändermodellen dadurch, dass die Saiten in verkehrter Reihenfolge aufgespannt werden. Dazu muss auch der etwas schräge Steg umgedreht werden, weil verschieden dicke Saiten ein unterschiedliches Schwingungsverhalten zeigen. Auch die Löcher und Nuts zum Einfädeln der unterschiedlich starken Saiten müssen adaptiert werden.
Die weitgehend symmetrisch gebauten klassischen Gitarren benötigen wie die ähnlich gebauten Instrumente Laute, Mandoline, Banjo, Balalaika etc. darüber hinaus keine Adaptionen, im Unterscheid zu Westerngitarren und E – Gitarren , welche über Korpusausschnitte, Schlagbretter und Tonabnehmer – Bedienelemente sowie Vibratohebel verfügen, sodass hier ein Umbauen oder Adaptieren nicht möglich ist, sondern die Instrumente von vorneherein als Links- oder Rechtshändermodelle gebaut werden müssen. Tips zum Adaptieren von Gitarren finden Sie unter linkAnleitung Gitarrenumbau.
Jimi Hendrix, Linkshänder und größter Gitarrenvirtuose aller Zeiten, spielte ein umgedrehtes Rechtshändermodell (vor allem die legendäre Fender Stratocaster), weil es Linkshändergitarren damals noch nicht gab bzw. weil sie zu teuer waren. Bridge (Steg) und Nut (Sattel) wurden exakt seitenverkehrt montiert und die Saiten in umgekehrter Reihenfolge aufgezogen. Lautstärke- und Tonregler sowie Tonabnehmerwahlschalter lagen nun oberhalb der Saiten, ebenso wie der Vibratohebel, den Hendrix sich eigens zurechtbog. Der Tonabnehmer am Steg ist so angebracht, dass die hohen Saiten näher am Steg abgenommen werden und dadurch brillanter klingen. Nach dem Umbau liegen nun die Basssaiten näher beim Steg, wodurch der Sound sich geringfügig verändert.
Die rechtshändigen Nachahmer Hendrix` benutzen heute daher zum Teil umgedrehte Linkshändergitarren, in der Hoffnung, den unverwechselbaren Sound des Genies leichter imitieren zu können.
Hendrix selber hatte ein völlig unbekümmertes, fast anspruchsloses Verhältnis zu seinen Instrumenten. Er konnte, wenn es sein musste, mit jedem Gitarrentyp zurechtkommen, solange er ihn linkshändig spielen konnte.(Lothar Trampert: „Elektrisch“, Sonnentanz Verlag Augsburg 1991)

Das Angebot an Linkshänderinstrumenten ist bei Gitarren, E – Gitarren und E – Bässen besser als bei allen anderen Musikinstrumenten. Fast alle Herstellerfirmen bieten Instrumente an, jedoch ist die Auswahl wesentlich geringer als bei Rechtshänderinstrumenten, wovon es eine große Zahl an unterschiedlichsten Modellen gibt. Zudem sind Linkshändermodelle teurer. Left Hand Corner linkUmfrage Gitarrenhändler veröffentlicht auch eine Umfrage unter Gitarrenhändlern. Das Ergebnis ist für linkshändige MusikerInnen nicht sehr ermutigend. Nur sehr große Händler haben Linkshänderinstrumente lagernd, und dann auch nur 1 – 2 Modelle. Bei den meisten Händlern gibt es keine Möglichkeit, Instrumente auszuprobieren, sie müssen bestellt werden, oft mit langen Bestellzeiten, und dann unbesehen auch gekauft werden.
Ein spezielles Problem für linksspielende Gitarristen stellen Grifftabellen dar. Zum Umgang mit Grifftabellen finden Sie Informationen unter linkwww.lefthandcorner.wtal.de

Eine größere Auswahl an Linkshänder - Instrumenten zum Ausprobieren bietet in Wien die
Fa. Klangfarbe. Die Nachfrage sei gestiegen, immer häufiger werde eine entsprechende Beratung verlangt.

Noch kein Thema ist die Händigkeit bei anderen Zupfinstrumenten. Die Harfe ist auf den ersten Blick symmetrisch gebaut und wird gerne als Beispiel für ein problemlos sowohl von Links- als auch von RechtshänderInnen spielbares Instrument angeführt. Das Instrument wurde schon im Altertum verwendet (Harfenspiel König Davids!) und man trifft auf frühen Abbildungen sowohl die linksseitige als auch die rechtsseitige Spielweise an. Die Harfe wird ja nicht exakt in der verlängerten Sagittalebene des Körpers gespielt, sondern entweder an die rechte oder an die linke Schulter gelehnt. Tatsächlich sind bei heutigen Harfen nur die beiden Hälften der Resonanzdecke symmetrisch gebaut. Frau Langnickel - Köhler hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt und beschreibt die relevanten Bauteile folgendermaßen: "Die "keltische" Harfe wurde als irische Harfe mit Metallsaiten bespannt an die linke Schulter gelehnt (hohe Töne mit der linken Hand, tiefe rechts), das war eine ganz besondere Spielweise, die Saiten wurden mit den Fingernägeln angerissen. Die keltische Harfe mit -heute- Darmsaiten (früher auch Pferdehaar), die ja auch an der dem Gesicht zugewandten Seite am Hals die Umstimmhaken hat, die mit der "Bass"hand bewegt werden, ist aus eben jenem Grund nicht einfach beliebig von jeder Seite zu bedienen, sondern muss dann tatsächlich umgerüstet werden, zumal die Saiten ja in ganzer Länge auch nur auf der "Kopf"-seite bespielt werden können, was für manche Effekte von Bedeutung ist (diese besonderen Fähigkeiten, wie auch die sehr diffizile Abdämpftechnik übernimmt übrigens bei normalen rechtshändigen Harfen und Harfenspielen die linke Hand  ). Zur Konzertharfe: die Doppelpedale sind nicht wegen stärkerer oder schwächerer Füße so angeordnet, sondern wegen der in der europäischen Musik gebräuchlichsten Modulationsvorgänge. Auf der linken Seite von außen Des Ces Be,  rechts innen weiter mit Es Fes Ges As, so wird klar, dass es völlig unlogisch wäre, z.B. das Es noch mit nach links zu nehmen, da man häufig Be und Es, Cis und Fis, Des und As oder D und Gis gleichzeitig treten muss." Da es im Verlaufe der Jahrhunderte üblich geworden ist, die Harfe an die rechte Schulter zu lehnen, werden bei der modernen Konzertharfe die hohen (in Kopfnähe befindlichen) Saiten mit der rechten Hand, die tieferen Saiten mit der linken Hand gespielt. Der Notensatz sieht aus wie bei Klaviernoten, bei der Harfe kommen jedoch sehr viel mehr Läufe und Arpeggien vor, bei denen die linke Hand über die rechte setzt. Weil die beiden Hände spiegelverkehrt zueinander aktiv sind und schwierige Passagen üblicherweise sogar von beiden Händen oktavversetzt parallel geübt werden, kann von einer Handdominanz in dieser Hinsicht nicht gesprochen werden.
Händigkeitsneutral sind auch Hackbrett und Zymbal.
Die Zither hingegen ist ein ausgesprochenes Rechtshänderinstrument. Sie wird mit der rechten Hand gezupft: Der Daumen trägt zu diesem Zweck einen eigenen Ring und spielt die Melodiesaiten, welche von der linken Hand abgegriffen werden. Die übrigen Finger der rechten Hand spielen die nicht abzugreifenden Begleitsaiten.

link top



Streichinstrumente


Zu den Streichinstrumenten zählen Violine, Bratsche, Violoncello, Kontrabass, die in unterschiedlichen Größen gebauten Gamben sowie die mittelalterliche Fiedel. Im Hinblick auf den Handgebrauch beim Spielen sind diese Instrumente alle gleich gebaut. (Die Drehleier weicht davon ab: hier betätigt die linke Hand über eine Kurbel kreisförmig angeordnete Bogenhaare, welche ohne Unterbrechung über 3 Saiten gleichzeitig streichen. Ein Saite davon bildet die Melodiesaite, welche von der rechten Hand über Tasten abgegriffen wird.)
Wer ein Streichinstrument spielt, tut es meist mit der Option, irgendwann in einem Orchester mitzuspielen. Dort muss er/sie sich der Orchesterdisziplin unterwerfen. Die Musiker sitzen dicht gedrängt, was für die Kompaktheit des Ensembleklangs von großer Wichtigkeit ist, weil Schall sich in der Luft träge ausbreitet und die Synchronizität des Musizierens gefährdet ist, sobald die Strecke zwischen den zuäußerst platzierten Musikern zu groß wird. Bei den jeweils in einer Reihe sitzenden Streichern ist daher gleiche Händigkeit von großem Vorteil. Die Befürchtung, aus einem Orchester ausgeschlossen zu werden, könnte also einen Geigen- oder Celloschüler davon abhalten, ein Linkshänderinstrument zu wählen.
Zudem ist die Handverteilung aus dem Spielvorgang heraus hier noch schwerer erklärbar als bei der Gitarre, bei welcher alle 5 Finger der dominanten Hand beim Zupfen der Saiten unabhängig voneinander agieren müssen, indem sie die 6 verschiedenen Saiten nacheinander oder gleichzeitig zum Klingen bringen, und das mit einer großen Geläufigkeit. StreicherInnen kennen mit ihrer dominanten Hand nur Auf- und Abstrich, welche einander mit unterschiedlicher Frequenz ablösen. Diese Bewegung muss allerdings auf den nicht in einer Ebene liegenden 4 Saiten abwechselnd, seltener auch gleichzeitig vollführt werden, was eine große Bewegungsfreiheit des Arms voraussetzt. Das saubere Führen des Bogens in einer Ebene verlangt zudem viel feinmotorisches Geschick, das Bewegungsmuster der Bogenhand muss an jeder Stelle der Bogenlänge immer wieder neu kooridiniert werden. Dazu kommen noch unendlich viele Stricharten etc. und wiederum ist es diese Hand, welche den Ton erzeugt und formt, während die nicht dominante Hand als solche fast nur stumm agiert und der dominanten Hand hier eindeutiger zuarbeitet als bei der Gitarre, weil Aufschlagen und Abziehen praktisch keine Rolle spielen. Gleichzeitig werden aber auch an die nicht dominante Hand Anforderungen gestellt, die der Gitarrist nicht kennt. Während dort Bünde ein allzu genaues Greifen erübrigen, erfordert das Spiel eines Streichinstrumentes ein exaktes Auffinden der Fingerposition für eine saubere Intonation. Die Entscheidung über die Präzision dieser Position muss aber auf dem Umweg über die Bogenhand getroffen werden, die den gegriffenen Ton erst zum Klingen bringt – eine weitere Erklärung für das Dominanzmuster. Wiederum obliegt der – nicht dominanten - Greifhand auch das Vibrato, welches einen nicht unerheblichen Einfluss auf die individuelle Tongebung hat. Gerade das Vibrato kann aber gar nicht selbstständig wirken, es muss immer den Absichten der Tonbildung in der rechten Hand angepasst werden. Herr Walter Mengler, Cellist im Sinfonieorchester Aachen, hat sich mit der Händigkeitsproblematik bei StreicherInnen intensiv auseinandergesetzt und informiert auf seiner Homepage über charakteristische Probleme linkshändiger StreicherInnen sowie über Möglichkeiten, ihnen zu begegnen.
linkwww.cello-ergonomie.de
Ergänzend dazu möchte ich an dieser Stelle Erfahrungen von TrommlerInnen anführen, die auch für StreicherInnen bedenkenswert sind. Afrikanische Rhythmen kennen den "hand to hand" Satz. Dies bedeutet, dass das Grundmuster ein - wenn auch nur fiktives - durchgängiges Abwechseln der Hände für die kleinsten verwendeten Notenwerte vorsieht. Auf diese Weise kommen Schläge auf starken Taktzeiten ("down - beats") immer in der dominanten, Betonungen auf schwachen Taktzeiten ("off beats") immer in der nicht dominanten Hand zu liegen. Die Begriffe "down" und "off" deuten bereits an, dass die Schläge der dominanten Hand als "erdig" und nach unten gehend empfunden werden, während die Schläge der nicht dominanten Hand zum Ausgleich "nach oben" wirken, und den Rhythmen ihren schwebenden Charakter geben. Entsprechend ist auch beim Streichen wichtig, dass der Bogen satt in den Saiten hängt, was der nicht dominanten Hand des Linkshänder schwer fällt, und dass die Greifhand federleicht auf den Saiten aufliegt, wogegen die dominante Hand der LinkshänderInnen sich instinktiv sträubt. Probleme linkshändiger StreicherInnen werden häufig mit dem Argument angezweifelt, die linke Hand habe doch die wesentlich anspruchsvollere feinmotorische Aufgabe. Tatsächlich haben BerufsviolinistInnen eine vergrößerte Gehirnregion für die Steuerung der linken Hand, vor allem für die Seuerung des Daumens und des kleinen Fingers. Dies widerspricht den praktischen Erfahrungen Menglers aber nur scheinbar. Gewiss ist die Fingeraktivität in der linken Hand differenzierter und die Trainierbarkeit der nicht dominanten Hand steht außer Frage, wenn sie auch nur etwa 90% der Möglichkeiten der dominanten Hand erreicht. Doch ist Handdominanz vor allem eine Frage der Rollenverteilung und des Zusammenspiels der Hände.
Mittlerweile bietet der Fachhandel bereits Linkshänderinstrumente an. Folgende Adressen sind zu empfehlen:
Fa. GEWA Mittenwald
Clement&Weise, Bubenreuth
Ratz&Pschera, Markneukirchen
xoom-Shop
Musikhaus Thomann
Geige24Online-Shop


Im Rheinland gibt es einen Verleiher, der Linkshänderinstrumente auch im Versand anbietet, ohne Aufpreis. Wenn die Nachfrage größer wird, werden andere nachziehen. Was das Unterrichten linkshändiger SchülerInnen betrifft, braucht man methodisch gar nichts zu ändern, es ist nicht anders als im Spiegel oder beim Gegenübersitzen, einzig die Wortwahl rechte Hand oder linke Hand muss geändert werden in Bogenhand und Greifhand. Es gibt LehrerInnen, die das problemlos anbieten, andere weigern sich strikt, es gibt sogar krasse Fälle an Musikschulen, wo dies "von oben" untersagt wird! Gibt es bereits linkshändig spielende MusikerInnen auf professionellem Niveau? Eine Cellistin hat in Berlin Reifeprüfung gemacht, die meisten der freiwilligen LinksspielerInnen sind aber noch sehr jung. Dann gibt es noch die Gruppe der verletzungsbedingt Umgelernten, das sind etwa 10 in Deutschland. In anderen Ländern ist man ein klein wenig weiter in der Lösung des Problems. Orchester reagieren auf linkshändige MusikerInnen, vor allem was die Orchesterdisziplin betrifft, in anderen Ländern etwas toleranter als in Deutschland und Österreich. Die Fixierung auf das persönliche Instrument wird sicherlich als Einschränkung empfunden, andererseits gibt es MusikerInnen, die ihr Leben lang mit einem Instrument glücklich sind, vielleicht gewinnt auf diesem Wege auch der Geigenneubau noch höhere Wertschätzung.
Was unterschiedliche Begabungsstrukturen von Links- und RechtshänderInnen betrifft, so gibt es noch zu wenige Erfahrungen, um darüber Aussagen machen zu können.

Der linkshändige norwegische Geiger Terje Moe Hansen gab im Sommer 1999 in der Zeitschrift „News & Views“ in London ein Interview zu seinem Werdegang. Sie finden es unter link http://lefthandcorner.wtal.de

link top



Tasteninstrumente


Die 88 Tasten des Klaviers sind in gleichem Maß für die linke wie für die rechte Hand spielbar. Durchschnittlich bildet das etwa in der Mitte der Klaviatur gelegene c1 die Grenze zwischen den hohen mit der rechten und den tiefen mit der linken Hand betätigten Tasten. Je anspruchsvoller die Literatur, umso öfter dringen die Hände jeweils in den Raum der anderen Hand ein. Manchmal überkreuzen sie einander auch. Weil zwischen benachbarten tiefen Tönen der absolute Frequenzunterschied niedriger ist als bei hohen Tönen, klingen Akkorde in tiefen Lagen nicht gut. Die linke Hand spielt daher im Allgemeinen weniger Tasten gleichzeitig als die rechte Hand. Der Großteil der Literatur verlangt der rechten Hand auch mehr Geläufigkeit ab als der linken. Die polyphonen Werke Bachs verteilen die einzelnen Stimmen verhältnismäßig ausgeglichen auf die beiden Hände, im Zweifel jedoch immer zu Gunsten der rechten Hand. Die virtuose Literatur des 19. Jahrhunderts geht an die absoluten Leistungsgrenzen menschlicher Hände, orientiert sich dabei aber zweifellos an den Möglichkeiten rechtshändiger PianistInnen.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass es anfangs von der motorischen Begabung der LinkshänderInnen abhängt, welches Leistungsniveau sie erreichen können. Eine Studie aus dem Jahr 1999 von Bruno Lang und Ariane Park an der Harvard Universität konnte nachweisen, dass linkshändige AnfängerInnn sich mit einem seitenverkehrten Instrument deutlich leichter tun, RechtshänderInnen waren auf Rechtshänderinstrumenten besser. Nach einigen Jahren Training auf Rechtshänderinstrumenten hatten LinkshänderInnen in ihren Leistungen mit den RechtshänderInnen auf Rechtshänderinstrumenten gleichgezogen. Andere RechtshänderInnen hatten sich in derselben Zeit nicht im selben Ausmaß an Linkshänderinstrumente angepassen können.
So können motorisch begabte linkshändige SchülerInnen ihren weniger begabten rechtshändigen KollegInnen über viele Jahre überlegen sein. Diese ringen nicht nur ständig mit dem Problem der weniger geschickten, sich relativ leicht verkrampfenden linken Hand, sie müssen die Fähigkeiten ihrer nicht dominanten Hand durch zusätzliche Übungen ständig trainieren, um sie für die im Vergleich zur rechten Hand seltener gestellten Anforderungen bereit zu halten. LinkshänderInnen dagegen trainieren im Zuge des Werkstudiums beständig ihre nicht dominante Hand und benötigen weniger Übungsaufwand für die dominante linke. Linkshändige BerufsmusikerInnen aber, die sich der technischen Leistungskonkurrenz mit den RechtshänderInnen stellen und sich ein Repertoire im Bereich der virtuosen Werke des 19. Jahrhunderts aneignen müssen, sind ab diesem Niveau klar im Nachteil. Der Leistungsplafond ihrer rechten Hand wird schneller erreicht und bildet einen limitierenden Faktor, während die linke Hand noch Leistungsreserven hätte. Dazu kommt noch das Problem mit den Pedalen. Das rechte Pedal hebt die Dämpfung auf, um an den gewünschten Stellen Nachhall zu bewirken. Der Einsatz des rechten Pedals wird etwa ab dem 3. Lernjahr geübt und bleibt dann wesentlicher Bestandteil des Musizierens beim Großteil der gespielten Stücke. Dem linken Fuß wird zunächst nichts Vergleichbares abverlangt, weil das linke Pedal erst beim sehr fortgeschrittenen Pianisten zum Einsatz kommt. Zumindest im Bereich der Füße findet also beim Pianisten zunächst eine klare Umschulung des natürlichen Bewegungsbedürfnisses statt. Das linke Pedal („una chorda“) verschiebt die Klaviatur etwas nach rechts. Dadurch schlagen die Hämmer nur auf 2 von 3 bzw. auf einer von 2 Saiten an. Diese Saiten treffen zudem auf weiche, wenig abgespielte Partien der Hammerfilze, sodass ein verhaltener dumpfer Klang erzielt wird. Das linke Pedal wird wesentlich seltener eingesetzt als das rechte. Sind linksfüßige Pianisten in einem fortgeschritteneren Stadium aber einmal damit vertraut, so müssen sie mit dem nach Betätigung drängenden dominanten Fuß fertig werden, dem es schwer fällt, die Hauptaktivität dem nicht dominanten Fuß zu überlassen (Ein vergleichbares Problem haben manchmal linksfüßige AutofahrerInnen mit der Kupplung!). Zumindest auf einem fortgeschrittenen Niveau sind linkshändige PianistInnen also rechtshändigen gegenüber ohne Zweifel benachteiligt.
Entsprechendes gilt natürlich auch für andere Tasteninstrumente wie Cembalo und Orgel.
Géza Losó, ein ungarischer linkshändiger Pianist, hatte beim rechtshändigen Klavierspiel immer das Gefühl, die Musik nicht so darstellen zu können, wie er sie innerlich hörte. Er führte das darauf zurück, dass die dominante Hand immer eine Spur schneller ist als die nicht dominante. Losó gelang es mit Hilfe eines Masterkeyboards und eines elektronischen Prozessors, welcher die Tastenbelegung umkehrt, sich auf ein linkshändiges Spielen umzuschulen. Er ist nun mit dem musikalischen Ergebnis viel zufriedener. Der britische Pianist Christopher Seed ließ sich ein Linkshänderklavier bauen, und es gelang ihm in erstaunlich kurzer Zeit, linkshändig zu spielen, nachdem er zuvor rechtshändig bereits ein hohes Niveau erreicht hatte. Er gab bereits Konzerte vor der Königin und erregte damit internationales Aufsehen. Berichte über Christopher Seed finden Sie unter link http://lefthandcorner.wtal.de
Gewiss wäre es wünschenswert, wenn in Zukunft eine Lösung gefunden würde, die LinkshänderInnen auch als KonzertpianistInnen faire Chancen gibt. Angesichts der hohen Kosten und der Langlebigkeit eines Konzertflügels ist aber in absehbarer Zeit nicht damit zu rechnen, dass Veranstaltungsorte mit für LinkshänderInnen konstruierten Instrumenten ausgestattet werden. Zu überlegen wäre allenfalls, künftige Instrumente mit 2 Klaviaturen zu bauen, um sie sowohl für Rechts- als auch für LinkshänderInnen spielbar zu machen. Bessere Voraussetzungen bieten elektrische Instrumente. Allerdings ist der elektronische Converter, mit dessen Hilfe die Tastenbelegung geändert werden kann, im Handel nicht mehr erhältlich und muss von einem Fachmann eigens konstruiert werden. Elektrische Instrumente sind leichter transportabel und geben den PianistInnen mehr Flexibilität. Klassische MusikerInnen können aber mit einem solchen Klavier nicht reüssieren.
Abschließend möchte ich noch eigene Erfahrungen mit dem Versuch, linkshändig Klavier zu spielen, anfügen. Weil es mir unmöglich ist, auf diese Weise nach den üblichen Noten zu spielen, wählte ich ein Stück, welches ich auswendig beherrsche. Ich spielte zunächst den Part der rechten Hand mit der linken Hand allein, und stellte zu meiner Verblüffung fest, dass dies auf Anhieb ohne jede Schwierigkeit gelang. Danach spielte ich den Part der linken Hand mit der rechten. Rein motorisch war auch das kein Problem, jedoch kostete mich hier die Hand – Ohr – Koordination interessanterweise ein höheres Maß an Aufmerksamkeit. Ich musste mich darauf konzentrieren, dass nun tiefere Töne rechts und höhere links lagen, was mit der linken Hand bereits automatisch klar gewesen war. Beim Zusammenspiel beider Hände allerdings scheiterte ich völlig. Es schien mir, ich müsste auf diesem Wege das Klavierspiel gänzlich von Neuem erlernen, und es war mir ein Rätsel, wie Pianisten wie Géza Losó und Christopher Seed sich mit so relativ geringem Einsatz auf links rückschulen konnten. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass das Notenbild hier eine wichtige Brückenfunktion übernehmen muss. Géza Losó experimentierte viel mit Notationsmöglichkeiten für LinkshänderInnen. Die überzeugendste Variante dabei ist zugleich die naheliegendste: er stellt die Noten einfach auf den Kopf. Auf diese Weise kann das Gehirn des Spielers die optischen Zeichen in gewohnter Weise in motorische Aktivität umsetzen. Lediglich das klangliche Ergebnis muss neu zur motorischen Aktivität in Bezug gesetzt werden, was anhand bereits bekannter Stücke unschwer trainiert werden kann, um es später auch auf Neues anzuwenden. Ungewohnt ist anfangs die Lagebeziehung zwischen schwarzen und weißen Tasten, vor allem, was die Bedeutung von Kreuz und Be betrifft, welche nun umgekehrt gelesen werden müssen. Auch die absolute Bedeutung der Noten muss neu erarbeitet werden, was aber in ähnlicher Weise für die Aneignung neuer Notenschlüssel gilt, wie sie etwa bei der Beschäftigung mit Barockmusik auch gefordert wird. Jedenfalls erklärt die Brückenfunktion der Noten, warum es Géza Losó nach wie vor möglich ist, auch auf Rechtshänderinstrumenten zu spielen, ohne in Verwirrung zu geraten. Sie finden Informationen darüber auf seiner Homepage linkwww.gezaloso.de.

Die Fa. Blüthner hat nun bereits erstmals einen Linkshänderflügel auf den Markt gebracht!

.
link top



Zungeninstrumente


Sind Ziehharmonika und Akkordeon für RechtshänderInnen gebaut? Die rechte Hand spielt die Melodie auf Knöpfen bzw. Klaviertasten, wobei unter Umständen große Virtuosität erforderlich ist. Die linke Hand begleitet auf Knöpfen, die zum Teil mehrere Akkordtöne zusammenfassen, sodass im Allgemeinen hier weniger Geläufigkeit verlangt wird. Der rechten Hand wird mehr Bewegung abverlangt, während die linke Hand in einer Schlaufe steckt und ihre Position weniger häufig ändert bzw. sprunghaft ändert. Dieses Bewegungsmuster ist von den bereits zuvor existierenden Tasteninstrumenten, namentlich vom Klavier abgeleitet, gilt aber in geringerem Maß für die Knopfharmonika. Es bleibt die Frage offen, ob das Ziehen des Balges mit der linken Hand eine dominante oder eine adjuvante Tätigkeit darstellt. Zweifellos ist es das primär tonerzeugende Element und erfordert ein hohes Maß an Koordination mit der Tätigkeit der Finger. Andererseits folgt es den Anforderungen v.a. der rechten Melodiehand. Es wäre interessant, nach der Händigkeit von Ziehharmonika- bzw. Akkordeonspielern zu fragen! Laut Ulrich Morgenstern berichtet der Petersburger Musikethnologe Jurij Bojko von einem Harmonikaspieler, der sein Instrument kurzerhand umdrehte - und so die Diskanttasten auf der linken Seite hatte.
Die Melodica ist ein ausgesprochenes Rechtshänderinstrument, das aufgrund der einhändigen Spielweise linkshändigen Kindern nicht zu empfehlen ist. Allenfalls könnte ein langes Rohr am Mundstück angebracht werden, welches erlaubt, das Instrument umzudrehen und die Tasten mit der linken Hand zu betätigen. Ein beweglicher Schlauch eignet sich dazu nicht, weil das Kind dann zum Atmen nicht absetzen kann, sondern den Schlauch ständig im Mund behalten und durch die Nase einatmen muss. Damit sind aber schnellere Passagen nicht spielbar! Das Instrument ist bei Kindern mittlerweile ohnehin nicht mehr sehr beliebt und längst vom Keyboard abgelöst worden. Selbstverständlich eignet sich die Melodica für linkshändige Kindern auch als Spielzeug nicht!
Die Mundharmonika wird als eines der wirklich händigkeitsunabhängigen Instrumente nur unter Verschieben nach links bzw. rechts mit dem Mund angeblasen.
Für das Harmonium gilt Ähnliches wie für das Klavier, nur dass die Betätigung des Blasebalgs mit den Füßen an linken und rechten Fuß die gleichen Anforderungen stellt. Mir ist nicht bekannt, dass eines dieser Instrumente als Linkshänderversion gebaut wurde. Das Harmonium wird heute auch kaum mehr verwendet, sondern ist von elektronischen Instrumenten abgelöst worden.

link top



Holzblasinstrumente


Allen Holzblasinstrumenten ist gemeinsam, dass die Tonhöhe vor allem mit Hilfe von Grifflöchern verändert wird. Wohl wird auch überblasen, das heißt durch größeren Atemdruck werden höhere Naturtöne zum Klingen gebracht, dies jedoch im Unterschied zu den Blechblasinstrumenten nur bis zum 4. Naturton. Mit Ausnahme der Blockflöte und mancher Volksmusikinstrumente sind diese Instrumente mit einem Ringklappen- oder Deckelklappensystem ausgestattet, das die Anbringung zusätzlicher Bohrungen für die chromatischen Töne erlaubt, welche mit den Fingern allein nicht abgedeckt werden können. So ist ein Spiel in allen Tonarten gewährleistet. Betrachtet man zunächst die einfach gebaute Blockflöte unter dem Gesichtspunkt der Händigkeit, so fällt auf, dass je 4 Finger jeder Hand für das Spiel gebraucht werden. Die linke Hand greift den oberen Teil des Instrumentes nahe dem Schnabel, wobei der kleine Finger nicht verwendet wird, während der Daumen das Überblasloch an der Unterseite des Rohres bedient. Dieses wird manchmal ganz, oft aber auch nur teilweise abgedeckt, um Obertöne zum Erklingen zu bringen. Das ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, die feinmotorisches Geschick erfordert, was möglicherweise die Bevorzugung seitenverkehrter Instrumente durch RechtshänderInnen in der Barockzeit erklärt. Die rechte Hand bespielt den unteren vom Mund weiter entfernten Teil des Rohres. Der Daumen dient dabei nur der Stütze des Instruments. Die motorisch anspruchsvollste Aufgabe der rechten Hand kommt dem kleinen Finger zu, was eventuell die Lage der dominanten Hand unten am Instrument begründet. Versucht man, mit der rechten Hand allein zu spielen, so liegt die Flöte ruhig in der Hand. Selbst noch, wenn alle Grifflöcher geöffnet sind, trägt der Daumen das Instrument. Spielt man die Flöte mit der linken Hand allein, so ergibt sich im Sinne der Hebelgesetze eine etwas geringere Stabilität, das Instrument vollführt leichte Bewegungen, während die Grifffinger sich bewegen. Dies ist nur aufgrund der robusten Anblasevorrichtung der Blockflöte weiter kein Problem. Das vom Daumen betätigte Überblaseloch schließlich kann ohne Mithilfe der rechten Hand überhaupt nicht geöffnet werden, weil die Flöte dann nach unten fallen würde. Hierin könnte ein weiterer Grund für die gebräuchliche Handverteilung liegen. Insgesamt sind die Argumente für die Verwendung seitenverkehrter Instrumente durch LinkshänderInnen nicht überzeugend. Zudem bekommt ein Kind, das Linkshänder - Blockflöte als Basisinstrument lernt, später Probleme mit den Nachfolgeinstrumenten Klarinette, Englischhorn, Saxophon und Oboe, die in ähnlicher Weise gegriffen werden, aber im Unterschied zur Blockflöte nicht in Linkshänder - Versionen erhältlich sind.
Andere Holzblasinstrumente liefern eine zusätzliche Erklärung für die Handverteilung. Die Querflöte wird verglichen mit der Blockflöte nach rechts oben geschwenkt und das Rohr über ein seitlich angebrachtes Anblaseloch gespielt. Querflöten werden bereits serienmäßig für LinkshänderInnen gefertigt! Instrumente wie Tenorsaxophon und Fagott werden neben der rechten Körperseite gehalten und bislang nicht in seitenverkehrten Varianten gebaut. Auf diese Weise ist nur die auch schon bei der Blockflöte gebräuchliche Handverteilung möglich.

link top



Blechblasinstrumente


Bei den Blechblasinstrumenten wird die Tonhöhe primär durch Überblasen verändert. Durch Anpassung von Lippenspannung und Atemdruck kann eine große Zahl unterschiedlich hoher Töne erzeugt werden. Diese Töne, deren Schwingungslängen ganzzahlige Brüche der Rohrlänge betragen, werden als Naturtonreihe bezeichnet. Die große Zahl spielbarer Naturtöne wird ermöglicht durch eine enge Mensur, das heißt eine große Rohrlänge im Verhältnis zu einem geringen Querschnitt. Auf einem Naturhorn wie beispielsweise dem Alphorn ist nur diese Naturtonreihe spielbar, viele Töne einer diatonischen Tonleiter dazwischen fehlen. Bei Naturhörnern spielt die Händigkeit der Musiker keine Rolle, weil sich die Tätigkeit der Hände auf das Halten des Instrumentes beschränkt.
Die meisten Blechblasinstrumente (z.B. Trompete) verfügen über 3 Ventile, welche das Rohr um verschieden große Abschnitte verlängern, und mit deren Hilfe die Lücke zwischen dem zweiten und dritten Naturton, welche eine Quint ausmacht, geschlossen werden kann, sodass alle chromatischen Töne spielbar werden. Die Aktivität der Finger beschränkt sich auf das Betätigen dieser 3 Ventile nacheinander oder gleichzeitig, was bei den meisten Instrumenten mit der rechten Hand allein erfolgt, während die linke Hand nur das Instrument stützt. Eine Ausnahme bildet das Waldhorn. Es wird mit der linken Hand gespielt, während die rechte Hand im Schalltrichter steckt. Früher wurde mit der Technik des „Stopfens“ mit der rechten Faust der Grundton um einen Halbton oder um einen Ganzton tiefer gelegt, die Funktion der heutigen Ventile also ansatzweise erfüllt. Dies erklärt die für LinkshänderInnen günstige Handverteilung.
Die Betätigung von Pumpventilen eines ausgesprochenen Rechtshänderinstrumentes mit der linken Hand scheitert daran, dass die Rohrverlängerungen auf der falschen Seite angebracht und LinkshänderInnen daher im Weg sind. Zylinderventile können leichter so umgebaut werden, dass das Instrument den Bedürfnissen von LinkshänderInnen entspricht.
Bei der Zugposaune kann die Tonhöhe durch ein stufenloses Verlängern des Rohres mit Hilfe einer teleskopartigen Vorrichtung (Zug) verändert werden. Das Instrument ruht zu diesem Zweck auf der linken Schulter des Spielers und wird von der linken Hand an einem Griff unterhalb des Mundstückes dort festgehalten. Somit ist die rechte Hand frei, um den Zug zu betätigen, was viel feinmotorisches Geschick erfordert. Jürgen Richter, Musiker und Musikwissenschaftler in Dachau, hat sich mit der Möglichkeit des Umbaus von Posaunen beschäftigt: Zugposaunen sind teilbar konstruiert; der Zug kann vom Korpus abgenommen werden. Die Verbindung wird über einen runden Zapfen realisiert, der mit einer Überwurfmutter gesichert wird. Dreht man den Zug in diesem Zapfen, erhält man ein perfekt spiegelverkehrtes Instrument. Posaunen mit einem so genannten Quartventil oder gar Bassposaunen mit zweien dieser Ventile dürften sich der Linkshändigkeit nur durch einen entsprechenden Umbau anpassen lassen. Zwar kann man hier den Zug genauso um 180 Grad verdreht anbringen, aber die Drücker der Ventile liegen dann auf der falschen Seite des Instruments.

link top



Schlaginstrumente


Bei den meisten Schlaginstrumenten sind keine baulichen Veränderungen nötig, um sie für LinkshänderInnen spielbar zu machen. Die SpielerInnen können den Handsatz selber bestimmen. Rhythmusfiguren auf einer Trommel beispielsweise werden von LinkshänderInnen einfach spiegelverkehrt zu RechtshänderInnen realisiert. Hierzu ist entsprechende Toleranz der LehrerInnen wichtig, beispielsweise in der Gruppe, wo LinkshänderInnen unter Umständen optisch stören. Zudem muss bei LehrerInnen Problembewusstsein vorhanden sein, damit die linkshändigen SchülerInnen nicht durch Nachahmung rechtshändiger LehrerInnen sich einen für sie ungünstigen Handsatz angewöhnen. Die meisten Schlaginstrumente sind symmetrisch gebaut. So obliegt beispielsweise die Entscheidung für die Spielhand bzw. die haltende Hand auch bei Agogo oder Cabaza den SpielerInnen. Bei den Stabspielen (Xylophon, Glockenspiel etc.) liegen wie beim Klavier die tiefen Töne links und die hohen rechts. Wie weit hier eine umgekehrte Anordnung für LinkshänderInnen wünschenswert wäre, müsste noch eingehender geklärt werden. Werden mehrere Schlaginstrumente kombiniert, wie im Orchester (z.B. Pauken) oder beim Schlagzeug, so spielt die entsprechende Anordnung eine große Rolle. Zu diesem Thema hat Thomas Stölzl aus Graz in der Zeitschrift Left Hand Corner (4. 7. 1988, online – Ausgabe lefthandcorner.wtal.de) einen wichtigen Artikel geschrieben, den Sie unter linkhttp://lefthandcorner.wtal.de finden.
Der Schlagzeuger und Schlagzeuglehrer Michael Kinn aus Wien allerdings weist darauf hin, dass die "Rechtshänder-Aufstellung" des Drumsets, bei der man notgedrungen die Hände überkreuzen muß, in einer gewissen Weise eine "Notlösung" ist - entstanden durch die Entwicklung des Drumsets vor gut 110 Jahren. Die kleine Trommel wird nicht mehr umgehängt, sondern erhält einen eigenen Trommelständer, die Bassdrum (große Trommel) kommt ergänzend zum Set dazu und wird ..................... mit dem rechten Fuß, die Hihat - ursprünglich sehr nieder aufgestellt -  mit dem linken Fuß gespielt; irgendwann wird entdeckt, dass man auch mit der Hand drauf spielen kann, und sie wird erhöht und so entsteht (in der Zeit des "Charleston - Tanzes") die überkreuzte Spielweise ........ Vor einigen Jahrzehnten haben bereits (rechtshändige!!!!) Schlagzeuger wie z.b. Billy Cobham oder Simon Phillips ............. bei gleicher Aufstellung die Hände vertauscht und das "open handed playing" erfunden, d.h.: die linke Hand spielt Hihat bzw. Ride-becken auf der linken Seite des Sets - und die rechte Hand kann völlig "offen" (d.h. nicht unter der linken Hand eingesperrt) spielen, ein unglaublicher Gewinn!  Claus Hessler, ein Spitzenschlagzeuger aus Deutschland, hat vor ein paar Jahren die 1. Schule für "open handed playing" herausgebracht.
Es liegt nun nahe, dass Linkshänder diesen enormen Vorteil ausnützen und von Haus aus "open handed" spielen. Michael Kinn selber hat mit seinen Schülern nur die allerbesten Erfahrungen gemacht. Würden Linkshänder das Drumset spiegelverkehrt aufbauen (wie seinerzeit z.b. Ian Paice von "deep purple" oder Phil Collins bei "Genesis"), dann würden sie diese Notlösung nur "spiegeln" und eigentlich keinen Vorteil haben.

link top

Zurück zur Hauptseite

© Dr. Elisabeth Ertl - 2005