Linkshänder-Initiative

Infos für KindergartenpädagogInnen

Das absichtliche Umschulen linkshändiger Kinder auf die rechte Schreibhand gehört im Wesentlichen der Vergangenheit an. Sind damit aber schon alle Probleme gelöst? Hier erfahren Sie, wie Sie linkshändige Kinder optimal fördern können.

  1. Wie linkDr. Johanna Barbara Sattler seit den 80er Jahren immer wieder betont, sind linkshändige Kinder dem ergonomischen Anpassungsdruck der rechtshändigen Zivilisation ausgesetzt. Nicht alle Kinder, die rechtshändig zeichnen oder schreiben, sind tatsächlich RechtshänderInnen! Fragen Sie bei der Aufnahme des Kindes in den Kindergarten immer auch nach seiner Händigkeit! Nehmen Sie eine bereits im Kleinkindalter deutlich erkennbare Handpräferenz ernst, und schützen sie LinkshänderInnen vor dem Gruppendruck rechtshändiger Kinder! Nur vitale, durchsetzungsstarke Kinder behaupten ihre Linkshändigkeit ohne Hilfe der Erwachsenen gegen alle
    Vorurteile! Vor allem intelligente, ehrgeizige Kinder passen sich allmählich an. Umschulung
    Sie schreiben auch heute noch mit der falschen Hand und leiden in der Folge unter einer
    beeinträchtigten geistigen Leistungsfähigkeit.
  2. Sprechen Sie das Thema Händigkeit an, sobald die Kinder beginnen, links und rechts zu unterscheiden! Linkshändige Kinder wollen sich mit ihrer Eigenart nicht allein gelassen fühlen, sondern von Ihnen beachtet werden. Nichtbeachtung kann vor allem sensible Kinder verunsichern und zur Anpassung animieren.
  3. Achten Sie auf diskriminierende Ausdrücke wie "linker Typ", "linken", "linkisch" und vor allem "schöne Hand", aus welchen linkshändige Kinder unter Umständen falsche Schlüsse ziehen!
  4. Kleine Kinder dürfen mit der linken Hand grüßen! Verlangen Sie rechtshändiges Grüßen erst dann, wenn das Kind links und rechts unterscheiden kann und eine gefestigte Händigkeitsidentität entwickelt hat! Ansonsten verinnerlicht das Kind schon frühzeitig die Abwertung der linken Seite und bemüht sich um Anpassung.
  5. Legen Sie anfangs die Löffel mittig auf die Teller und beobachten Sie erst über längere Zeit, mit welcher Hand ein Kind spontan isst. Erwarten Sie nicht, dass linkshändige Kinder den Mut besitzen, den Tischmanieren und dem Gruppendruck der RechtshänderInnen zu widerstehen und den rechts aufgedeckten Löffel in die linke Hand zu nehmen. Erwarten Sie das vor allem nicht, so lange Sie selber Hemmungen haben, die gängige Ettikette zu hinterfragen und anders aufzudecken!
  6. Sorgen Sie nach Möglichkeit für eine geeignete Einrichtung der Räumlichkeiten!
    • Wasserhähne mit 2 Ventilen bestrafen kleine Kinder für den Gebrauch der linken Hand durch Verbrennen der Finger!
    • Die Taste am Toilettenspülkasten sollte in der Mitte angebracht und Toilettenpapier mit beiden Händen erreichbar sein.
    • Stellen Sie den Computer so auf, dass links und rechts Platz für eine Mouse ist. Eine Mouse lässt sich ganz einfach für linkshändigen Gebrauch umprogrammieren. Im Fachhandel gibt es auch einen separaten Nummernblock mit Entertaste, der sich links an das Keyboard anfügen lässt.
    • Linkshändige Kinder brauchen zum Schreiben einen Arbeitsplatz mit Lichteinfall von rechts.
    • Am Ess- und Schreibtisch soll das linkshändige Kind links von sich keinen rechtshändigen Nachbarn haben.
  7. Folgende Gegenstände sollten zentriert sein:
    • Gutes Spielzeug ist zentriert und somit sowohl für RechtshänderInnen wie LinkshänderInnen geeignet. Vermeiden Sie Billigspielzeug wie Sandkasten - Gefäße mit seitlichem Ausguß, Fahrzeuge mit Bedienelementen nur auf einer Seite etc.
    • Tassen sollten auf beiden Seiten die gleiche Bemalung aufweisen.
    • Abbildungen auf Kinderzahnbürsten sollen nicht auf dem Kopf stehen, sobald man die linke Hand benutzt, ebensowenig solche auf Schreib- und Zeichenstiften.
  8. Folgende Gebrauchsgegenstände sollen als Varianten für Rechts- und für LinkshänderInnen angeschafft werden und zwar in gleicher Stückzahl! Realistische Schätzungen gehen von einem Linkshänderanteil von 25 - 30 % aus, sobald die jeweilige Eigenart der Kinder von Anfang an respektiert wird:
    • Scheren - Achtung: auszuschneidende Figuren spiegelverkehrt kopieren!
    • Bleistiftspitzer
    • Füllfedern
    • Musikinstrumente: z.B. Gitarre, Violine
  9. Linkshändige Kinder führen Bewegungsabläufe beim Tanzen und Musizieren sowie beim Sport oft spiegelverkehrt zu den Rechtshändern aus. Sie haben ein Recht, das zu tun. Wird ihnen das verwehrt, verlieren sie unter Umständen bald die Freude an der Tätigkeit.
  10. Kinder lernen am Effektivsten von Vorbildern. Vor allem das Binden von Schleifen sowie das Stricken und Häkeln sollten dem Kind seitenverkehrt vorgezeigt werden!
  11. Sollten Kinder trotz aller erzieherischen Sorgfalt im Alter von über 4 Jahren noch immer bei ein- und derselben Tätigkeit die Hand wechseln, so sprechen Sie darüber mit den Eltern! Der Kinderarzt hat die Möglichkeit, das Kind zu einem ergotherapeutischen Test zu überweisen. Es könnte sich um das Symptom einer leichten Gehirnfunktionsstörung oder einer motorischen Entwicklungsverzögerung handeln. In einem solchen Fall ist es gut, noch vor der Schule entsprechende Fördermaßnahmen zu ergreifen und mit einem Händigkeitstest zu klären, mit welcher Hand das Kind schreiben soll.
  12. Wenn Kinder nicht gerne basteln oder zeichnen, denken Sie nicht nur an die Möglichkeit therapiebedürftiger feinmotorischer Defizite, sondern auch an eine unter Umständen erfolgte Umschulung der Händigkeit! Auch im Falle normal entwickelter Feinmotorik empfiehlt sich bei solchen Kindern ein Händigkeitstest.
  13. Sehr wichtig ist in der Vorschule eine geeignete Schreibvorbereitung für linkshändige Kinder. Die
    richtige Schreibhaltung sollte sich noch vor Schulbeginn automatisieren! Ansonsten neigen linkshändige Kinder später zum Schreiben mit der typischen Hakenhand, was schließlich Haltungsschäden zur Folge haben kann. Das Blatt wird leicht nach rechts gekippt und die Hand locker unter der Zeile geführt, wobei das Stiftende zur linken Schulter zeigt. Es ist günstig, Nachspurübungen gleich zu Beginn mit Füllfeder durchzuführen, weil dann das Kind den Sinn der richtigen Schreibhaltung begreift: es kann sich die Schrift nicht verwischen!

    Geeignete Schreibunterlagen, die es im Fachhandel zu kaufen gibt, erinnern die Kinder an das Gelernte. Schon während der Schreibvorbereitung hat jedes Kind die Gelegenheit, unter verschiedenen Füllfedermodellen das geeignetste für sich ermitteln. Wo Sie solche kaufen können, erfahren Sie unter
    Linkshänderprodukte. Werden Buntstifte verwendet, so sollten diese eine weiche Mine haben, denn LinkshänderInnen halten den Stift weiter hinter der Spitze als RechtshänderInnen, um das Geschriebene einsehen zu können! Günstig sind so wie für RechtshänderInnen auch dicke Stifte mit dreieckigem Querschnitt, welcher den ergonomisch günstigen Dreipunktgriff erleichtert. Für dünne Stifte gibt es verschieden geformte Aufsätze.
    Dreiecke eignen sich sowohl für Rechts- wie für LinkshänderInnen, Gummiknubbel sind der Händigkeit entsprechend geformt. Auch hier sollte für jedes Kind individuell die beste Lösung gefunden werden!
  14. Besonders linkshändige Kinder neigen anfangs zur Spiegelschrift. Dies ist keineswegs ein Hinweis auf Legasthenie! Wirkliche Legasthenie kommt bei linkshändigen und rechtshändigen Kindern in gleichem Maße vor. Normal begabte Kinder gewöhnen sich in der Schule bald an die vorgegebene Schreibrichtung! Linkshändige Kinder bauen auch Zeichnungen oft spiegelverkehrt zu jenen der RechtshänderInnen auf. Beispiele dafür finden Sie unter Ausstellung.
  15. Empfehlenswert für alle VorschulpädagogInnen sind folgende Veröffentlichungen von Johanna Barbara Sattler:
    "Linkshändige Kinder im Krippen- und Kindergartenalter"
    "Das linkshändige Kind in der Grundschule"
    "Übungsheft für Linkshänder"
  16. Wo es die wichtigsten Gebrauchsgegenstände für LinkshänderInnen zu kaufen gibt, lesen Sie unter
    linkFachhandel.

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© Dr. Elisabeth Ertl - 2005